1. Andacht 25. November 2022
Ein Funke kaum zu seh'n,

Gestaltet vom Team Arbeitskreis Ökumenischer Kirchenladen e.V.
Vorspiel Posaunenchor
U: Herzlich willkommen zur ersten Krippenandacht im Advent 2022!
Gestaltet vom Team des Ökumenischen Kirchenladens.
In diesem Jahr sind die Krippenandachten auch Ökumenische Friedensgebete. Diese Friedensgebete haben seit Beginn des Ukrainekrieges an jedem Freitag um 18 Uhr in der Lutherkirche stattgefunden. Von heute an bis zum 6. Januar werden wir sie hier an der Krippe fortführen, um Frieden bitten und für Frieden beten. Seit 9 Monaten ist Krieg in der Ukraine und mit der Winterkälte wird er für viele Menschen leidvoller, grausamer werden. Gegen diesen und gegen jeden Krieg singen wir das Lied „Friedenskind“.
Frieden - Wer braucht ihn mehr – als ein Kind? Wer mahnt mehr zum Frieden – als ein Kind? Wer stiftet mehr Frieden - als ein Kind?
Lied: Friedenskind
A: Das Motto der Krippenandachten in diesem Jahr lautet „An der Krippe entfacht“. Schon im Vorfeld dieses Advents hat die Krippe etwas entfacht: die lebhafte öffentliche und private Diskussion um eine „Königin“, die in diesem Jahr erstmals mit ihren beiden Begleitern auf dem Weg zur Harzburger Krippe ist.
M: Viel relevanter ist eine ganz andere Diskussion, die diese Krippe in Bad Harzburg immer wieder mal entfacht: Vor ein paar Tagen lud ich eine Frau an die Krippe ein und reichte ihr dabei eine Krippenkarte. Sie zuckte förmlich zurück mit den Worten: „Mit Religion will ich nichts zu tun haben.“
Ich akzeptiere das und war doch irritiert.
Neben viel Zustimmung begegnet mir diese Haltung hin und wieder – und damit die Frage: „Was hat die Krippe mit Religion zu tun? Ist sie eine Zurschaustellung oder gar Machtdemonstration des Religiösen? - oder der Religiösen? Für wen könnte diese Krippe ein Ärgernis, gar eine Bedrohung sein?“
Bei der Krippeneröffnung vor 3 Tagen sagte mir eine Besucherin, die Verwandte in den USA, in Chicago hat: Dort wurde seit vielen Jahren zur Advents- und Weihnachtszeit im Stadtzentrum eine Weihnachtskrippe aufgestellt. Das darf in diesem Jahr nicht mehr passieren, aus Rücksicht auf Andersgläubige und Andersdenkende.
Zum Glück kenne ich genug Bad Harzburger, die mit Religion nichts zu tun haben wollen und sich dennoch an unserer Krippe erfreuen. Auch Mitbürger muslimischen Glaubens haben mir versichert, dass sie sich über unsere Krippe freuen und sie besuchen.
H: Ja, Weihnachten und Krippe sind Teil christlicher Überlieferung. Aber die Wahrheit, die damit erzählt wird, reicht weiter und tiefer. Diese Krippe erzählt von Menschlichkeit und Menschsein. Man muss nicht religiös, nicht Christ oder Kirchenmitglied sein, um sich an dieser Krippe zu erfreuen, ja sie lieb zu gewinnen. Deshalb steht sie nicht hinter Kirchenmauern, sondern öffentlich und barrierefrei zugänglich – für Mensch und Tier.
Hier ist jede und jeder willkommen. Und es ist uns ein Herzensanliegen, dass Menschen sich nicht nur an ihrer Schönheit erfreuen, sondern genauso von ihrer Wahrheit entfachen lassen.
Liedvers (EG 603,2): Ein Funke, kaum zu seh´n, entfacht doch helle Flammen, und die im Dunkeln steh´n, die ruft der Schein zusammen. Wo Gottes große Liebe in einen Menschen brennt, da wird die Welt vom Licht erhellt; da bleibt nichts was uns trennt.
U: Christliche Theologie und Dogmatik haben formuliert: „Gott ist Mensch geworden.“ Das klingt abstrakt und für immer mehr Zeitgenossen zunehmend befremdlich. Dafür habe ich Verständnis.
Die Krippe erzählt diese Wahrheit nicht abstrakt, sondern sehr anschaulich. „Gott ist Mensch, ja ein Kind geworden.“ Der Clou an diesem Satz ist die darin enthaltene Umkehrung: Wenn Gott Mensch wird, steckt in jedem Menschen, in jedem Kind etwas Göttliches, etwas Heiliges, etwas Unantastbares. Was für eine gewagte Wahrheit! Selbst die christlichen Kirchen haben immer wieder um diese Botschaft und Wahrheit der Krippe ringen müssen - und sie oft genug aus dem Blick verloren. Sicherlich auch ein Grund, warum Menschen nichts mit Religion zu tun haben wollen.
M: Es ist mir ein Herzensanliegen, dass diese Krippe unsere Stadt, unser Miteinander in unserer Stadt verändert. Dass sie Menschen entfacht mit Menschlichkeit, - mit Mitmenschlichkeit. Wo ein Mensch das Bild und die Wahrheit der Krippe im Herzen trägt, wird er anders mit seinen Nachbarn und Kollegen umgehen, mit unserem Bürgermeister und anderen Verantwortungsträgern in Rat, Verwaltung, Vereinen.
H: Wir erinnern uns: Das Kind in der Krippe ist Jesus. Der, von dem überliefert ist, dass er wahres Menschsein gelebt hat. Der lieber Unrecht erlitten hat, als anderen Unrecht zuzufügen.
Ich bin froh, dass mir bisher niemand gesagt hat: „Mit Menschlichkeit will ich nichts zu tun haben.“ Und ich bete darum, dass dieser Satz in unserer Stadt nicht fallen wird.
M: An die Krippe lade ich alle ein, die mit Religion nichts zu tun haben wollen!!! Bei diesem Kind seid ihr in bester Gesellschaft.
Liedvers: Ein Funke, kaum zu seh´n…
A: „An der Krippe entfacht“ Krippe und Stall haben Menschen angezogen und entfacht, schon bevor sie das Neugeborene beherbergten. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Deshalb muss früh aufbrechen, wer von weither kommt. Auch hier bei uns in Bad Harzburg sind sie in diesem Jahr endlich angekommen.
H: Lesung Basisbibel Evangelium nach Matthäus Kapitel 2,1b-9a
Zu dieser Zeit war Herodes König. Da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem. Sie fragten: »Wo ist der neugeborene König der Juden? Denn wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, um ihn anzubeten.« Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm alle in Jerusalem. Er rief zu sich alle führenden Priester und Schriftgelehrten des Volkes. Er fragte sie: »Wo soll der Christus geboren werden?« Sie antworteten ihm: »In Betlehem in Judäa! Denn im Buch des Propheten steht: ›Du, Betlehem im Land Juda, du bist keineswegs die unbedeutendste unter den Städten in Juda. Denn aus dir wird der Herrscher kommen, der mein Volk Israel wie ein Hirte führen soll.‹« Später rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich. Er erkundigte sich bei ihnen genau nach der Zeit, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: »Geht und sucht überall nach dem Kind! Wenn ihr es findet, gebt mir Bescheid! Dann will auch ich kommen und es anbeten.« Nachdem die Sterndeuter den König gehört hatten, machten sie sich auf den Weg. Derselbe Stern, den sie im Osten gesehen hatten, ging vor ihnen her.
U: In der Bibel steht nichts davon, dass hier drei Leute unterwegs waren, ob es sich um Frauen oder Männer handelte, und auch nichts von „Königen“. Matthäus benutzt das griechische Wort „magoi“: Magier, Zauberer, Weise, Sterndeuter. Im Griechischen auch verwendet zur Bezeichnung von Priestern asiatischer Geheimkulte, z.B. im antiken Persien. Martin Luther hat das Wort „magoi“ mit „Weise“ genannt, die Basisbibel nennt sie „Sterndeuter“. Damit sind nicht „Horoskop-Gläubige“ gemeint. Besser wohl trifft es Menschen, die leidenschaftlich versuchen, die Welt in ihren Zusammenhängen zu verstehen, heute Forscher, Wissbegierige, die ergründen wollen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Ihr Suchen führt sie – auf Umwegen, aber letztlich zu Jesus.
M: Diese Menschen suchen, besuchen, beschenken das Kind.
Sie kommen in der Weihnachtszeit immer erst ganz am Schluss, in unseren Traditionen am Drei-Königs-Tag am 6. Januar. Aber zuvor waren sie lange, wohl monatelang unterwegs, folgten einem Stern mit vager Bedeutung. Zum Geburtstermin kamen sie zu spät. Aber sie trafen das Kind noch an, bevor seine Eltern mit ihm fliehen und im Ausland Asyl suchen mussten.
Was hat dieses Kind wohl in ihnen entfacht?
Sechs Wochen wird es noch dauern, bis die „Sternfolger“ beim Kind eintreffen. Noch haben sie nur eine vage Ahnung von dem, was sie erwartet. Aber aufgemacht haben sie sich längst, sind auf dem Weg. Machen wir es wie sie, machen wir uns auf – jede und jeder für sich und wir miteinander!
Liedvers: Ein Funke, kaum zu seh´n…
M: Zum Gebet und Vaterunser nehmen wir die Krippe in unsere Mitte und schließen um sie den Kreis.
Fürbittengebet: Lasst uns beten und gemeinsam auf jede Bitte antworten: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
M: Du Kind in der Krippe, für alle, die unter Krieg und Gewalt leiden, bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
H: Du Kind in der Krippe, für alle, die frieren und hungern,
bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
A: Du Kind in der Krippe, für alle im Überfluss, die nicht teilen, bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
U: Du Kind in der Krippe, für alle, die um einen geliebten Menschen trauern, bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
H: Du Kind in der Krippe, für alle, deren Lebenslicht nur noch glimmt, bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
M: Du Kind in der Krippe, für alle, die mit Religion nichts zu tun haben wollen, bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
A: Du Kind in der Krippe, für Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit in unserer Stadt bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
U: Du Kind in der Krippe, um einen Stern als Orientierung auf dem Wege bitten wir dich: Entfache dein Feuer, das nie mehr erlischt.
Gemeinsam Vaterunser
M: Segen
Segen begleite uns in die Zeit des Wartens und der Erwartung.
Tragt in die Welt nun ein Licht - mit euren Kerzen und euren Herzen. Das Friedenskind entfache in uns den Mut, Frieden zu stiften.
Kind in der Krippe segne alle, die hier vorbeikommen, zum Beten oder zum Glühwein, zum Fotografieren oder Innehalten; und segne vor allem die Kinder. Der menschliche Gott segne und behüte uns im kommenden Advent und schenke uns seinen Frieden.
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Lied (EG 18): Seht, die gute Zeit ist nah
Ausklang Posaunenchor
Verantwortlich: Arbeitskreis Ökumenischer Kirchenladen e.V.
Marianne und Uwe Schirrmeister