Von guten Mächten wunderbar geborgen
Vorbereitet und gestaltet von Krippenfreund*innen aus Goslar und Bad Harzburg
Zum Video: youtu.be/zmIis4c2L7Q
Vorspiel: Lied zur Jahreslosung Lukas 6,36: Das ist das Wunder
Text und Musik: Gottfried Heinzmann und Hans-Joachim Eißler
Rechte: buch+musik ejw-service gmbh, Stuttgart.
KL: Herzlich willkommen! Das neue Jahr hat begonnen. Ein Jahr voller Hoffnung, Hoffnung auf Besserung. Auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis wir es spüren können. Dennoch wollen wir noch einmal an der Krippe andächtig lachen, weil Jesus Mensch geworden ist und uns hier anlachen will. Denn der Gottessohn ist auch Menschensohn und weilte unter uns. Und so feiern wir diese Andacht im Namen Gottes, dem Ursprung, im Namen Jesus Christi, Anfang und Ende, und im Namen der Heiligen Geistkraft, die uns über alle Distanzen hinweg verbindet. Amen.
Die Jahreslosung für 2021 haben wir bereits im Lied zu Beginn gehört, sie steht im Lukasevangelium, Kapitel 6, und lautet: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
MS: Als wir mit den Krippenandachten begonnen haben, haben wir uns entschieden, sie nicht auf die Adventszeit zu beschränken, sondern sie bis zum Epiphanias- bzw. Dreikönig-Fest fortzusetzen. Die Botschaft vom Wunder der Heiligen Nacht endet nicht mit den Feiertagen. Sie will uns ins neue Jahr begleiten. In diesem Jahr in besonderer Weise am Neujahrstag. Heute gestalten wir die Andacht mit Krippenfreundinnen und -freunden. Ein besonderer Dank an Kathrin Lüddeke, Diakonin und Freundin aus Goslar, an Mario Ohlhoff, Malin Funhoff sowie für die Musik an Hans-Peter Funhoff und Karsten Krüger.
Ich freue mich, dass wir uns hier gegenseitig ein frohes, neues Jahr wünschen können - ganz leise, aber von Herzen und mit einem Augenzwinkern oder Winken.
Eingangebet:
Menschenfreundlicher Gott, wir sind hier versammelt, weil wir Sehnsucht haben. Wir stehen hier vor dir mit unseren Ängsten, Sorgen und Nöten, mit unseren Erwartungen und Hoffnungen. Wir wünschen uns so sehr menschliche Nähe und Gemeinschaft. Lass uns dankbar sein für die Begegnungen, die wir haben, lass unsere Herzen warm werden, damit wir offen sind für unseren Nächsten. Lass uns deine Nähe spüren, wunderbar geborgen von dir. Lache uns hier an der Krippe noch einmal an. Damit wir angelacht, ermutigt und voller Hoffnung in ein neues Jahr gehen. Amen.
KL: Auch wenn wir derzeit besser nicht gemeinsam singen, haben wir uns für eine Andacht rund um ein Lied entschieden. „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ von Dietrich Bonhoeffer passt ganz besonders in diese Zeit um den Jahreswechsel.
Lied: Evangelisches Gesangbuch 65
1. Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.
Refrain: Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
2. Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unser´n aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.
MS: Vermutlich war der Jahreswechsel 1944/45 der dunkelste, den unser Land je erlebt hat. Nicht zu vergleichen mit unserer Gegenwart, selbst in Anbetracht einer Pandemie.
Und zu dieser Zeit war das Gefängnis unter den Zentralen von SS und Gestapo einer der dunkelsten Orte in Deutschland, mitten in Berlin. Hier waren Gefangene erbarmungslos ausgeliefert, wurden verhört und brutal gefoltert.
In diesem Gefängnis war der Theologe Dietrich Bonhoeffer inhaftiert, als er zum Jahreswechsel 1944/45 einen Brief an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schrieb. Dieser Brief enthält die Verse, die wir eben gehört haben bzw. noch hören werden. Diese Verse, von denen Bonhoeffer damals nicht einmal wusste, ob sie jemals ankommen würden, gehören zu den bekanntesten des 20. Jahrhunderts und haben ungeheure Trostkraft entfaltet.
Wir hören sie heute in einer Vertonung von Siegfried Fietz. Als Lieder finden sich diese Verse im Evangelischen Gesangbuch genauso wie im Gotteslob.
Im Spätsommer des zurückliegenden Jahres habe ich mit meinem Mann den Ort in Berlin besucht, wo das Gedicht entstanden ist. Die Gebäude samt dem Gefängnis existieren nicht mehr. Sie wurden am Kriegsende durch Bomben stark beschädigt und später abgerissen. Auf dem Gelände befindet sich heute ein Dokumentationszentrum mit einer Dauerausstellung unter dem Namen „Topographie des Terrors“. Fotografien und Aufzeichnungen erinnern an die Schrecken jener Zeit. Der Historiker, der uns über das Gelände geführt hat, erwähnte auch Dietrich Bonhoeffer. Dabei erzählte er uns folgende sehr nachdenkliche Begebenheit: Dietrich Bonhoeffer wurde am Abend des 8. Aprils 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg durch ein „Standgericht“ mit vorher feststehendem Ausgang zum Tode verurteilt. Der Richter Otto Thorbeck, der dieses Urteil fällte, starb 1976. In seiner Todesanzeige fand sich der Vers „Von guten Mächten wunderbar geborgen“.
KL: Das Alte quält unsere Herzen. Das Jahr 2020 ist zwar vorbei, aber nicht die Pandemie, die uns zwingt auf Gewohntes und Wichtiges zu verzichten, auf persönliche Nähe und Gemeinschaft.
Unsere Seelen sind aufgeschreckt. Hatten wir nicht unser Leben vor der Pandemie ganz gut im Griff? Technische Machbarkeit und ständig wachsender Wohlstand haben für die meisten von uns Erfahrungen von Ohnmacht und Ausgeliefertsein weit aus der Mitte des Lebens an die Ränder verdrängt. Dietrich Bonhoeffers Blick geht hinaus über das, was vor Augen liegt und uns aufschreckt. Es gibt ein Heil, für das wir geschaffen sind. Dieses Heil ist kein Vertrösten, sondern eine Lebenskraft, die bereits unsere Gegenwart verändert.
In der Jahreslosung steht Barmherzigkeit im Mittelpunkt. Lasst uns bei all unseren Erfahrungen Gottes Barmherzigkeit nicht aus dem Blick verlieren, auf seine Barmherzigkeit vertrauen und sie mit unserem Leben widerspiegeln.
Lied:
3. Und reichst du uns den schweren Kelch, den bitter´n,
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
4. Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann woll´n wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.
MS: Dietrich Bonhoeffer hatte den Tod vor Augen, als er diese Verse schrieb. Er musste damit rechnen, dass er für seine Mitwirkung im Widerstand verurteilt und getötet werden würde. Er wollte den Tod nicht. Er wollte leben. Auch er hatte Pläne für die Zukunft, war verlobt und wollte heiraten. Er wollte tapfer und furchtlos sein. Er versuchte selbst in seiner eng und dunkel gewordenen Welt Barmherzigkeit und Großzügigkeit zu leben, wo immer sich ihm Gelegenheit dazu bot.
KL: Sein Widerstand gegen das damalige Nazi-Regime ist uns Vorbild auch heute. Auch wir wollen wachsam sein gegenüber menschenverachtenden Tendenzen in unserer Sprache und Gesellschaft. Dietrich Bonhoeffer hat für sein Handeln und seinen Glauben mit seinem Leben eingestanden. Er war bereit, einen schlimmen wie einen guten Ausgang „aus Gottes guter Hand zu nehmen“. Immer wieder betont er seine ganz diesseitige Hoffnung, noch einmal „Freude an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz“ geschenkt zu bekommen.
Lied:
5. Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.
6. Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.
MS: „Lass warm und hell die Kerzen heute flammen“. Wir haben hier an der Krippe das Licht von Bethlehem verteilt, von Kerze zu Kerze weitergegeben und es dann in unsere Stadt, in unsere Häuser und zu unseren Nachbarn getragen. Es hat die Dunkelheit der langen Weihnachtsnächte erhellt. Im neuen Jahr wollen wir dieses Licht in unseren Herzen weitertragen.
Wir haben andere Weihnacht und Silvester erlebt, als wir es sonst gewohnt waren. Waren die Tage stiller als sonst? Haben wir mehr geweint oder mehr gelacht? Haben wir mehr Angst, als wir uns sonst eingestehen?
KL: Der Klang von Weihnachten, der durch Texte und Melodien unsere Herzen erreichen kann, braucht eine Tür, einen kleinen Spalt um Raum zu greifen im Herzen, in unseren Wohnungen, in unserer Stadt. An der Krippe war es in diesem Jahr stiller als sonst: Kein Wintertreffgetümmel, kein Hupen oder Bimmeln vom Karussell, keine Lautsprecher-Musik. Haben Sie diese Stille hier an der Krippe wahrgenommen, auch bei unseren Andachten? So still mitten in unserer Stadt. Welchen Klang hören wir, wenn es für unsere Ohren still wird? Dann hören wir, was in uns klingt. Welche Welt weitet sich unsichtbar um uns, wenn sich draußen „Stille um uns breitet“?
MS: Hören Sie noch das Friedenskind lachen?
Oder klingt in Ihnen unser Ohrwurm nach: „Das wünsch ich sehr, dass stets ein Engel bei mir wär, der lacht und spricht: Fürchte dich nicht.“?
KL: Für diesen Klang wünsche ich uns offene Ohren und Herzen. Nehmen wir ihn von der Krippe mit und lassen Sie uns damit zuversichtlich ins neue Jahr gehen. Wenn er in uns klingt, dann können wir getrost auch in die Worte Bonhoeffers einstimmen und wissen uns geborgen am Abend und am Morgen.
Refrain: Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Krippenwitz von Malin
Lied: Das wünsch ich sehr, dass stets ein Engel bei mir wär, der lacht und spricht: Fürchte dich nicht!“
Fürbitten
MS: Friedensbote, ich bitte dich, für alle Verantwortlichen in unserer Stadt, in unserem Land und weltweit.Ich bitte dich: Schenke unsern aufgeschreckten Seelen deine Kraft und lass heil werden, was zerbrochen ist, damit dein Friede kommen kann. Das wünsch ich sehr: Fürchtet euch nicht!
MO: Friedenskönig, ich bitte dich, besonders für alle Kranken, Einsamen und Ängstlichen: Begleite sie durch ihren Alltag. Schenke Ihnen Nachbarn und Freunde mit Tatkraft und offenen Ohren. Schenke uns Freude. Lass uns Freude schenken. Lass uns barmherzig sein und entdecken, wie viel Freude es bereitet, Barmherzigkeit zu üben. Das wünsch ich sehr: Fürchtet Euch nicht!
MF: Friedenskind, ich bitte dich, begleite besonders alle Kinder durch den schwierigen Schulalltag. Schenke den Familien Geduld und gute Zeit miteinander. Schenke ihnen viel Lachen und Licht in den dunklen Stunden.
Das wünsch ich sehr: Fürchtet euch nicht!
KL: Friedenslicht, ich bitte dich, komme in die Dunkelheit dieser Tage und lass dein Licht leuchten, wo Finsternis herrscht. Schenke uns Hoffnung und Mut. Lass uns in deinem Licht lachen.
Das wünsch ich sehr: Fürchtet euch nicht!
Lied: Das wünsch ich sehr, dass stets ein Engel bei mir wär,
der lacht und spricht: Fürchte dich nicht!
Vater unser
Segen
Gott sei vor dir, ein Licht an deines Fußes Weg.
Gott sei hinter dir um dich zu halten, falls du fällst.
Gott sei neben dir um dich zu bewahren vor den Gefahren in dieser Zeit.
Gott sei in dir, damit deine aufgeschreckte Seele Frieden im Herzen findet und Friede für die Welt!
Amen.
Nachspiel: When I sing my praise" (Text und Melodie von Noel & Tricia Richards)
Rechte: Hänssler Verlag, 71087 Holzgerlingen.
Verantwortlich: Kathrin Lüddeke und Marianne Schirrmeister
Musik: Karsten Krüger und Hans-Peter Funhoff